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Im Jahre 1970...

hatten drei junge Deutsche einen Traum : Helmut Ferdinand (33), Christian Berthold ( 28) und Tim Sievers (30) planten eine "europäische Antwort" auf das legendäre Woodstock Festival vom Jahr zuvor. Inspiriert durch das Isle of Wight Festival in England, sollte das Festival ebenfalls auf einer Insel stattfinden. Die Suche führte schnell auf die Ostseeinsel Fehmarn, welche mit guter Verkehrsanbindung quasi in der Mitte Nordeuropas lag.
In der Hoffnung einige der beim Isle of Wight auftretenden Künstler direkt danach fürs eigene Festival zu engagieren, wurde der Termin für das LOVE & PEACE OPEN AIR für das Wochenende vom 4. bis zum 6. September 1970 festgelegt. Die Fehmarn-Festival GmbH wurde gegründet, mit dem Ziel ein Festival zu organisieren, bei dem 30-40 Bands auftreten sollten, unter ihnen internationale Top-Acts wie Canned Heat, Ten Years After und Jimi Hendrix. Nach eigenen Angaben rechneten die Veranstalter mit bis zu 60.000 Zuschauern. Beate Uhse sponsorte das Festival mit 200.000 Mark, und stellte ihre Sex Shops in ganz Deutschland als zusätzliche Vorverkaufsstellen zur Verfügung.

Helmut Ferdinand, einer der Veranstalter
Beate Uhse unter den Besuchern


Auf Fehmarn wurde schnell ein geeignetes Areal gefunden: Am Flüggerstrand, unweit eines Leuchtturmes und mit einem Campingplatz in unmittelbarer Nähe, mieteten die Veranstalter eine ca. 50 Hektar große Wiese von einem Bauern namens Störtebecker. Darüberhinaus wurden auch 50 Toiletten des Campingplatzes gemietet, sowie 100 weitere mobile Toiletten aufgestellt. In einer Schule in Puttgarden sollte ein "Not"-Krankenhaus eingerichtet werden. Außerdem planten die Veranstalter, Schlafplätze für ca. 4000 Leute zur Verfügung zu stellen, indem sie große zusätzliche Zelte aufbauten (wie sich später herausstellte lagen diese jedoch so weit abseits der Bühne, daß sie kaum genutzt wurden).

PRESSE-ERKLÄRUNGEN VOM 18.08.1970 (zum Vergrößern anklicken)


Die Künstler, deren Begleiter und einige Journalisten wurden im Dania Hotel in Puttgarden, in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof sowie zum Hafen untergebracht.
Hotel Dania in Puttgarden
 

Nachdem ein Vertrag mit der Firma Dr. Oetker über die Gesamtverpflegung des Festivals nicht zustandekam, sollten Brauereien und Molkereien aus der Umgebung die Getränkeversorgung sichern. Das Deutsche Rote Kreuz sollte mit einer mobilen Großküche für die warmen Mahlzeiten sorgen. Um das Festivalgelände wurden zwei Zäune gezogen und einige Telefonzellen auf dem Gelände installiert. Die Veranstalter mieteten für 30.000 DM eine riesige Tonanlage in England, die mit 150 Phon aus 32 Boxen das Festivalgelände beschallen sollte. Eine Drehbühne mit 20 Metern Breite und 10 Metern Tiefe sollte Umbaupausen vermeiden. Die Festivalleitung residierte in zwei übereinander gestapelten Wohncontainern circa 500 Meter von der Bühne entfernt.

building the stage...photo from September 1st, 1970

setting up the sound system
the first visitors


Zehn psychedelisch bemalte Kleinbusse starteten von Kiel aus, um in ganz Mitteleuropa und in Skandinavien 100.000 Plakate aufzuhängen, Autoaufkleber zu verteilen und eine in sechsstelliger Auflage gedruckte Festivalzeitung zu verkaufen. Große Namen wie Ginger Baker, Canned Heat, Sly and the Family Stone, Ten Years After, Procol Harum, Keef Hartley, Rod Stewart und Jimi Hendrix sollten die Rockfans und Hippies aus ganz Europa nach Fehmarn locken.

announced acts
festival brochure

 

tickets
Presse Tickets

 

festival newspaper

Inzwischen waren die Kosten des Unternehmens auf 500.000 DM angestiegen, während die insgesamt 600 Vorverkaufsstellen erst 10.000 Karten zu je 12 DM verkauft hatten. Einige Künstler wie John Mayall und Joan Baez sagten ihre Teilnahme ab. Die Hoffnungen der Veranstalter ruhten jedoch auf Hendrix, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie bereits für Hendrix (und Ten Years After) vorab bezahlt hatten. Hendrix` Management hatte eine Gage von 70.000 DM und eine besondere Behandlung (Transfers zum Festival mit einem Mercedes, ein Luxus-Wohnwagen auf dem Festivalgelände) ausgehandelt. Hendrix war auf dem Höhepunkt seiner Popularität in Deutschland, nachdem der Woodstock-Film gerade in den Kinos angelaufen war.

Am 2. September begingen die Behörden und die beteiligten Organisationen mit den Veranstaltern das Festivalgelände und stellten erhebliche Missstände fest: Die Müllentsorgung war nicht geregelt, der Schutz und die Sicherung von Deichen und Straßen nicht sichergestellt. Auch die Bezahlung der etwa 300 Arbeiter war noch nicht geregelt. Zudem kamen unheilvolle Nachrichten von der Isle of Wight: dort hatten Rowdys für Ausschreitungen gesorgt, und man befürchtete, dass die Störer sich auf den Weg nach Fehmarn machen könnten, was auch tatsächlich der Fall war.

Bereits am 3. September bevölkerten circa 4000 von weit angereiste Fans das Gelände und die Versorgungsstände öffneten ihren Betrieb. In der Nacht zum Freitag, den 4. September kamen Wind und Regen auf. 180 Rocker der "Bloody Devils" (die später in einem Chapter der Hells Angels aufgingen) kamen in dieser Nacht mit ihren Motorrädern aus Hamburg, erzwangen in Gremersdorf kostenlose Tankfüllungen und lieferten sich in Petersdorf mit Hippies und einigen als Ordner vorgesehenen persischen Studenten eine Schlägerei, bei der vier Perser durch Messerstiche verletzt wurden. Wohl durch den Aufbau eines Bedrohungsszenarios schafften es die Rocker, von der Festivalleitung als Ordner engagiert zu werden. Diese Entscheidung sollte den Veranstaltern noch einige Sorgen bereiten, und letzendlich das Festival ins Chaos stürzen.

die Menge bei der Festivaleröffnung
Verkehrschaos in Sulsdorf